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    Den Schlaf verstehen

    Der Somnologe Dr. Daniel Brunner setzt sich seit rund zwanzig Jahren dafür ein, dass Insomnie-Patienten Zugang zu wissenschaftlich fundiertem Wissen über Schlafprobleme haben.

     

    Würden Sie sich zu Beginn vorstellen und von Ihrem Werdegang erzählen?
    Ursprünglich studierte ich Neurobiologie, untersuchte in der Diplomarbeit die Verhaltensbiologie der Orientierung von Insekten und doktorierte danach in der Schlafforschung zum Thema Schlafregulation beim gesunden Menschen. Im Post-Doktoranden-Studium in der Chronobiologie beschäftigte ich mich mit dem Schlaf bei der Winterdepression. Danach belegte ich in Pittsburgh, USA, eine Assistentenstelle (Fellowship) in der Schlafmedizin und absolvierte die Ausbildung und Fachprüfung zum klinischen Spezialisten für Schlafmedizin. Etwa zur gleichen Zeit starteten in der Schweiz erste Institutionen damit, spezialisierte Abklärungen und Therapien von Schlaf-Wach-Störungen anzubieten. Somitwar mein Wissen auch in der Schweiz gefragt und ich konnte meine erworbenen Kenntnisse in der Klinik für Schlafmedizin, Bad Zurzach anwenden und weitergeben. Seit Dezember 1998 bin ich als somnologischer Leiter und Geschäftsführer des Zentrums für Schlafmedizin Hirslanden tätig.

     

    In der Apotheke kennen wir vor allem jene, die kurzfristig wegen etwas nervös sind, deswegen im Gedankenkarussell stecken und nicht schlafen können. Welche anderen Schlafstörungen sind häufig? Neben der akuten Insomnie, die Sie gerade beschrieben haben, ist die Schlafapnoe, also die wiederkehrenden Atemaussetzer während dem Schlaf, sehr häufig und allgemein bekannt. Kein Wunder, fast 50 % der Männer haben zumindest eine leichte Form davon. In relevanter Ausprägung liegt sie bei 3-5% der Bevölkerung vor. Dennoch ist die Schlafapnoe lange nicht immer die Hauptursache eines Schlafproblems, weshalb es für eine klinisch sinnvolle Diagnose und zielführende Therapie ein breites Wissen über alle Schlafstörungen braucht. Jemand mit einer Insomnie, meist ausgelöst durch eine Stresssituation, wird bei erheblichem Leidensdruck oft in eine psychologisch orientierte Behandlung geschickt. Wenn aber das fundierte Wissen zu Schlaf und Schlafstörungen fehlt, kann je länger je mehr die Schlaflosigkeit an sich zum Hauptstressor werden, der einen normalen Schlaf verhindert. Ein Teufelskreis nimmt seinen Lauf. Deshalb kann es richtig sein, Patienten mit akuter Insomnie kurzfristig mit einem Medikament aufzufangen, sodass sie nicht durch Unwissen über normale Schlafprozesse, durch falsche Erwartungen und kontraproduktive Verhaltensänderungen in eine chronische Insomnie geraten. Von Letzterer spricht man, wenn Schlafprobleme länger als drei Monate und häufiger als dreimal in der Woche auftreten.

    Zur Person

    Dr. Daniel Brunner ist Geschäftsführer und Leiter Somnologie des Zentrums für Schlafmedizin AG in Zollikon. Er setzt sich seit rund zwanzig Jahren dafür ein, dass Insomnie-Patienten Zugang zu wissenschaftlich fundiertem Wissen über Schlafprobleme haben.

    Zentrum für Schlafmedizin

    Wie helfen Sie Patienten, die in diesem Teufelskreis der chronischen Insomnie feststecken?
    Das Allerwichtigste ist die Sprechstunde mit den Patienten. Wir reservieren uns jeweils eineinhalb Stunden für Patienten mit chronischen Insomniebeschwerden, um mit Ihnen in einer systematischen Befragung über alle Facetten ihres Schlafs und ihre Ideen zum Schlaf zu sprechen. Bei der Behandlung sind die kognitive Verhaltenstherapie und die konsequente Einhaltung von individuell spezifischen Punkten von zentraler Bedeutung.

     

    Dann kommen die Menschen also nicht zum Schlafen ins Zentrum für Schlafmedizin?
    Nein! Sie kommen hierher, um in der Sprechstunde eine Abklärung und ein Wissen zu erhalten, für das ein Hausarzt nicht ausgebildet ist. Nur bei Verdacht auf ein unübliches, nicht selbst bemerkbares Verhalten im Schlaf, wie Atemaussetzer oder Bewegungsstörungen, nehmen wir eine Registrierung des Schlafs vor.

     

    Gibt es Dinge, die Patienten selbst tun können, um den Schlaf zu verbessern?
    Tipps zu Verhaltensänderungen, die den Schlaf verbessern können, gibt es viele. Doch wenn sie nicht internalisiert und konsequent angewandt werden, nützen sie kaum etwas. Beispielsweise sollte man in der Nacht die Uhrzeit nicht kennen. Viele argumentieren, dass man aber doch wissen müsse, wann und wie lange man wach liege. Doch das ist eben falsch: In der Nacht auf die Uhr zu schauen, ist wie ein nächtlicher Telefonanruf, der schlechte Nachricht bringt. Für schlafgestörte Personen ist es eine Hiobsbotschaft, eine Uhrzeit abzulesen, zu welcher sie eigentlich schlafen wollen. Deshalb brauchen Patienten mit chronischer Insomnie die Punkt-für-Punkt-Besprechung der kognitiven Verhaltenstherapie, um das nötige Verständnis für die Verhaltensänderungen zu erlangen und so die krank machenden kognitiven Prozesse, die den Schlaf vertreiben, zu unterbrechen. Nur so können die Angst und die falschen Glaubenssätze – beispielsweise Durchschlafen sei essenziell – Schritt für Schritt abgebaut und der Schlaf wiedergefunden werden.

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